4 - VL Einführung in die Erziehungswissenschaft. Video 04: Kapitel III.a.3 (Fortsetz.) bis III.a.5 [ID:25353]
50 von 632 angezeigt

Wir haben in der letzten Sitzung gefragt, wie wissenschaftliches Wissen entsteht und sich

legitimiert. Und es gab zwei Zugangswege zunächst, den wissenschaftliches Wissen als logisch-symbolische

Form zu betrachten. Und da haben wir gesehen, dass unterschiedliche Vorstellungen von dem,

was Tatsachen sein sollen und von dem, was Wahrheit sein soll, zu unterschiedlichen Vorstellungen

über den richtigen Weg der Wahrheitsfindung führen. Wir haben zweitens gesehen, dass Wissenschaft

selbst eine soziale Praxis ist. Die wissenschaftliche Konstruktion von Tatsachen wird zur gesellschaftlichen

Konstruktion, insofern zumindest die mögliche Legitimität und Relevanz der speziellen Art

von Tatsachen, die sie behauptet, anerkannt wird. Die Wissenschaft legitimiert sich in

der Praxis dadurch, dass ihre jeweils als gültig anerkannten Diskurse institutionalisiert werden.

Das heißt, es gibt dann Wissenschaften und Lehrstühle beispielsweise. Und schließlich entstehen

diskursive und institutionelle Räume für bestimmte Wissenschaften. Und einige Beispiele dafür hatte

ich bereits genannt. Und wir werden auch noch andere Positionen kennenlernen. Nun, heute soll

es zunächst darum gehen, welche Formen wissenschaftlichen Wissens sich grundsätzlich

unterscheiden lassen. Und da finden wir in der Wissenschaftstheorie des frühen 20. Jahrhunderts

einige wichtige Einführungen von Reflektionskategorien, also von Unterschieden, auf die ich gleich eingehen

möchte. Zunächst von Wilhelm Windelband, der wesentlich auch mitverantwortlich ist für die

Einsicht, dass Wissenschaftsarten im ausgehenden 19., im beginn des 20. Jahrhunderts sich grundlegend

voneinander unterscheiden. Das war also eine Erfahrung, die damals die Wissenschaft insgesamt

umgetrieben und beunruhigt hat. Und Wilhelm Windelband war einer derjenigen, die zur

Aufklärung, zur Selbstaufklärung der Wissenschaft beitrugen. Und er unterschied zunächst die

rationalen und die erfahrungsbasierten Wissenschaften. Und die rationalen, das wäre dann eben die

Philosophie und die Mathematik. Und gemeint ist damit, sind es eben diese, die eben nicht der

empirischen Betrachtung bedürfen. Und dann hat er die erfahrungsbasierten genauer betrachtet. Und

da sind wir jetzt. Und diese wiederum unterschieden in diese beiden grundlegend unterschiedlich,

arbeitenden Bereiche. Und zwar einmal die, die er ideografisch genannt hat und die, die er

nomothetisch genannt hat. Beginnen wir mit dem nomothetischen, nomos das Gesetz und Thesis

aufstellen. Das sind also Wissenschaften, die Gesetze aufstellen. Und man könnte eben sagen,

die Gesetze finden, beispielsweise Naturgesetze oder Gesetze über Gesellschaftlichkeit. Also über

das, was in Gesellschaften passiert. Und ideografisch, idios das Eigentümliche und Grafiken schreiben.

Das sind diejenigen Wissenschaften, die nicht Gesetze aufstellen, sondern die bestimmte Einzelereignisse

verstehen lassen. Das gilt natürlich insbesondere für die Geschichte. Das heißt, etwas zu

beschreiben, sagt Windelband, heißt einen Blick in die, sei es jüngste Vergangenheit werfen,

beschreiben. Ein Gesetz aufstellen aber heißt, etwas über die Zukunft auszusagen. Denn wenn

wir ein wissenschaftliches Gesetz aufstellen, dann muss es sich ja, und das ist ja gerade der

Sinn der Geschichte, in einer zugestaltenden Zukunft bewähren. Wohingegen Geschichte keine

Gesetze aufstellt. Jedenfalls hat die Geschichtswissenschaft beispielsweise gelernt,

dass es keinen Sinn macht, Gesetze aufzustellen, weil der Verlauf von Geschichte eben viel zu

Heterogen dafür ist. Und Geschichte ist ein Fach, das uns selbst verstehen lässt, indem wir eben

selbst in unsere fernere oder jüngere Vergangenheit schauen. So schreibt also Windelband, und ich

zitiere, hier also sehen wir, die eine Wissenschaft sucht Gesetze, die andere gestalten. In der einen

treibt das Denken von der Feststellung des Besonderen zur Auffassung allgemeiner Beziehungen.

In der anderen wird es bei der liebevollen Ausprägung des Besonderen festgehalten.

Für den Naturforscher hat das einzelne gegebene Objekt seiner Beobachtung niemals als solches

wissenschaftlichen Wert. Es dient ihm nur so weit, als er sich für berechtigt halten darf,

es als Typus, als Spezialfall eines Gattungsbegriffs zu betrachten. In Klammern,

wie zum Beispiel in der Biologie, wenn man eine neue Art findet. Für den Historiker besteht die

Aufgabe, irgendein Gebilde der Vergangenheit in seiner ganzen individuellen Ausprägung zu

ideeller Gegenwärtigkeit neu zu beleben. Das Gesetz und das Ereignis bleiben als letzte

inkommensurable, also unvergleichbare Größen unserer Weltvorstellung nebeneinander bestehen,

so schließt Wilhelm Windelband. Und das eine, das Gesetz, ist natürlich das Naturgesetz und das

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:02:48 Min

Aufnahmedatum

2020-11-30

Hochgeladen am

2020-12-06 23:29:29

Sprache

de-DE

Tags

Pädagogik
Einbetten
Wordpress FAU Plugin
iFrame
Teilen